Netzneutralität 101

Johnny rief anlässlich des 1. Geburtstages von Spotify zu Fragen an die Geschäftsleitung von Spotify Deutschland auf und stellte das Ganze dann als Podcast bereit. Dabei wurde auch nach der Stellung von Spotify bezüglich der Netzneutralität gefragt, da diese durch den Deal mit der Telekom bedroht, wenn nicht sogar bereits verletzt wird.

Doch was bedeutet Netzneutralität eigentlich? Einfach gesagt, heißt das, dass Internet Service Provider (ISPs) den Datentransport für jeden Nutzer gleich priorisieren, egal wer Absender oder Empfänger ist bzw. welche Anwendung genutzt wird. Mit so einer Gleichstellung lässt sich aber verdammt schlecht Kohle verdienen oder kritische Nutzer mundtot machen. Und die ISPs müssen selber in den Ausbau der Infrastruktur investieren, um die aufkommenden Datenmengen zu bewältigen. Doof.

Viel bequemer wäre es doch da, die größten Traffic-Verursacher auszusperren oder zumindest niedriger zu priorisieren. Dank Deep Packet Inspection können ISPs den kompletten Datenverkehr durchleuchten und sehen somit, ob die Datenpakete jetzt zu einer Mail oder zu VoIP gehören. Alles, was nicht passt – z.B. weil es mit hauseigenen Produkten konkurriert – wird gefiltert.

Nutzer bevorzugen
Zurück zu Spotify. Wer das Premium-Abo über die Telekom bucht, bei dem wird das Streaming nicht auf das vertragliche Datenvolumen angerechnet. Das heißt noch nicht, dass andere Anbieter wie rdio oder simfy bei der Datenübertragung niedriger priorisiert werden, ein Ungleichgewicht wird dennoch hergestellt.

Offensichtlicher wird das, wenn ISPs die Bandbreite für bestimmte Anwendungen drosseln. Kabel Deutschland reduziert ab einem täglichen Datenvolumen von 10GB die Geschwindigkeit bei Filesharing und One-Click-Hoster auf 100kbit/s. Die Argumentation, dass man damit “Datenstaus” verhindern möchte, ist natürlich Käse – schließlich benötigt Video-on-demand ähnlich viel Bandbreite.

Nutzer ausschließen
Noch besser ist es natürlich, wenn man solche Störenfriede von vornherein ausschließen könnte. Die Telekom machte damit schon öfter auf sich aufmerksam. Zum Start von Skype auf dem iPhone schauten Telekomkunden zunächst einmal in die Röhre. Und ein Software-Update unterband aus Versehen die Nutzung von WhatsApp. Das verwundert nicht sonderlich, wenn man seit Jahren ein Zwei-Klassen-Internet fordert und mit Joyn seinen eigenen Messenger am Start hat.

Auch Geofucking gehört dazu – so lässt sich Hulu und Netflix z.B. nur in Nordamerika anschauen. Da ich die Rechtslage nicht durchblicke, mag ich das noch verstehen. Aber, ich mein, COME ON… das Internet verbindet die ganze Welt miteinander. Ländergrenzen sind so 2001.

Einen noch drastischeren Schritt stellt die 3-Strikes-Regelung dar, welche seit 2010 in Frankreich besteht. Nach 2 Verwarnungen wegen Urheberrechtsverstößen wird der Internetzugang gekappt.

Und was bedeutet das jetzt? Die Netzneutralität sollte auf jeden Fall gewahrt werden. Verträge wie die zwischen der Telekom und Spotify mögen für die meisten nicht so schlimm erscheinen (“Ich zahl doch überall 10€ für’s Abo.”), sind aber nur die Spitze des Eisberges. Welche Macht Lobbyisten und Medienkonzerne haben, hat sich ja unlängst beim Leistungsschutzrecht gezeigt. Es könnte ein Zweiklassen-Internet geben, bei dem die bevorzugt behandelt werden, die zahlen. Das mag man jetzt noch nicht sehen, aber die Gefahr ist real. Tatsächlich ist es schon gang und gäbe, nur gibt das halt keiner zu. Gleichermaßen gilt das natürlich auch auf politischer Ebene. Chinas Zensurapparat ist das beste Beispiel.

Wer mehr wissen möchte, findet Ressorts bei Spiegel Online, ZEIT Online, heise, golem oder schaut am besten direkt bei Digitale Gesellschaft e.V. vorbei.